Hochschule Düsseldorf
University of Applied Sciences
Fachbereich Elektro- & Informationstechnik
Faculty of Electrical Engineering & Information Technology

​​​Rapid Prototyping von Multilayer-Leiterplatten

Elektronische Schaltungen bestehen zum größten Teil aus Standardbauelementen, doch der Schaltungsträger — die Leiterplatte — muss in der Regel speziell für die jeweilige Schaltung entwickelt werden. 

Thema des Projektes ist die Einrichtung und Charakterisierung einer Anlage der Firma LPKF zum Rapid Prototyping von Multi-layer-Leiterplatten. Es wurde im Rahmen einer Bachelorarbeit von Herrn Oliver Voll unter Betreuung von Prof. Dr. Thomas Licht, Prof. Dr. Carsten Fülber und B. Sc. Benjamin Schellscheidt im Bereich Mikroelektronik des FB Elektrotechnik im Sommersemester 2013 durchgeführt. Multilayer bieten gegenüber ein- und zweiseitigen Schaltungsträgern verbesserte EMV-Eigenschaften und die Möglichkeit einer kompakteren Bauweise.

Von der konventionellen industriellen Leiterplattenherstellung unterscheidet sich dieser Prozess dadurch, dass erstens die einzelnen Layer gefräst und nicht geätzt werden und zweitens für die Durchkontaktierung kein galvanischer Prozess genutzt wird.
Die Multilayer-Anlage bietet die Möglichkeit, Leiterplatten hausintern herzustellen.
So können insbesondere Prototypen in der Entwicklungsphase flexibel produziert werden.  

Die Anlage besteht maßgeblich aus dem Fräsbohrplotter ProtoMat S63 von LPKF, einem PC mit der Steuerungssoftware CircuitPro, der Presse MultiPress S und dem System ProConduct zur Metallisierung von Durchkontaktierungen. Die Layout-Daten der Leiterplatte müssen zu Beginn des Prozesses aus einem CAD-Programm (hier EAGLE) als übliche Standard-Formate (Gerber- und Excellon-Dateien) exportiert werden. Diese werden dann in die Software CircuitPro importiert, welche daraus die Bahnen der einzelnen Werkzeuge berechnet. Mit diesen Daten werden die einzelnen Ebenen des Multilayers durch den Fräsbohrplotter strukturiert.  

Aus den fertigen Layern wird zusammen mit Prepregs, das sind noch nicht ausgehärtete Isolierstoffe, ein Stapel aufgebaut, welcher in der Presse erhitzt und verpresst wird. Um die einzelnen Layer elektrisch miteinander zu verbinden, wird der Multilayer nach dem Auskühlen auf dem Fräsbohrplotter gebohrt und diese Bohrungen mit dem ProConduct-System durchkontaktiert. Dabei wird eine Silber-Polymer-Mischung in die Bohrungen gerakelt und in einem Ofen gehärtet.

​Projektziele

Die Einrichtung der Anlage umfasste, neben der Installation der Hard- und Software, die Kalibrierung des Kamerasystems zur Fräsbreitenbestimmung und die Justierung der einzelnen Werk-zeuggruppen. Dabei mussten die Fräsbreiten der Cutter für die Strukturierung, die Frästiefen der End Mills für die Entfernung von Restkupfer und die Bohrtiefe der Bohrer als Prozessparameter fest-gelegt werden. Des Weiteren wurden sogenannte CAM-Prozesse für den Export der Layout-Daten aus EAGLE geschrieben und auf den automatisierten Import nach CircuitPro abgestimmt.

Damit die Anlage mit möglichst geringer Einarbeitungszeit und damit für möglichst viele Anwender genutzt werden kann, wurden Schritt-für-Schritt-Anleitungen für die Prozessabläufe der wich-tigsten Anwendungsfälle erstellt. Mit den Anleitungen kann die Anlage auch einfach zum Bohren und anschließendem Durchkon-taktieren von konventionell geätzten Leiterplatten genutzt werden.

Abschließend sollte die Anlage charakterisiert werden. Dies bedeutet auch die Ermittlung der wichtigsten Design-Rules-Werte, die in einem Design Rule Check eines Leiterplatten-Layout-Programms verwendet werden können.

Projektergebnisse

Mittels Fräsfertigung lassen sich präzise Strukturen herstellen. Die erreichbaren Design-Qualitäten sind dabei stark abhängig von der Sorgfalt, mit der die Einstellung der Fräsbreite der Cutter vorgenommen wird. Betragen die Breiten der Objekte sowie die Isolationsabstände zwischen zwei Objekten mindestens 8 mil (≈ 200 µm), ist kein größerer Aufwand nötig.  

Für kleinere Design-Abstände bis zu 4 mil (≈ 100 µm) konnten Teststrukturen gefertigt werden. Hier muss aber die Fräsbreite sehr genau eingestellt und geführt werden, insbesondere muss sicher-gestellt sein, dass sie über die gesamte Platine hinweg konstant bleibt.

Ein Vorteil der Fräsfertigung ist die Integration von Bohrungen in den Fertigungsablauf. Im Anwendungsfall des Bohrens geätzter Leiterplatten geht dieser Vorteil teilweise verloren und die Bohrungen müssen auf Einhaltung der Design Rule Restring geprüft werden. Ein Nachteil bei der Fräsfertigung ist, dass die Fertigungsdauer durch den seriellen Charakter des Verfahrens mit der Platinengröße skaliert.

Die Durchkontaktierung mit dem ProConduct-System wurde bis zu einem Bohrdurchmesser von 0,4 mm durchgeführt. Diese Methode kann die im Laborbetrieb häufig übliche mechanische Durchkontaktierung von Leiterplatten mit Nieten, die je nach Design recht aufwendig sein kann, ersetzen.

Kooperationspartner

Ein Dank geht an die QVM-Kommission für die Freigabe der Mittel zur Beschaffung der Anlagentechnik. Ein weiterer Dank gilt der Firma LPKF, die bei der Inbetriebnahme und den ersten Testläufen hilfreich zur Seite stand. ​